Einführung
Eine Skoliose-Diagnose zu erhalten, wirft oft viele Fragen auf und kann verunsichern. Es ist ganz natürlich, dass du dich fragst: „Was kann ich jetzt tun? Gibt es Möglichkeiten, wie ich aktiv werden kann?“. Vielleicht suchst du nach schnellen Lösungen?
Wie die meisten Menschen suchst du deine Antworten wahrscheinlich zuerst im Internet. Die Begriffe „Skoliose Übungen“ oder „Training bei Skoliose“ gehören zu den ersten Dingen, die du in die Suchmaschine eintippst. Schließlich möchtest du wissen, wie du aktiv etwas tun kannst. Doch die schiere Menge an Trainingsansätzen, Übungen und Tipps kann überwältigend sein. Welche dieser Übungen helfen wirklich, und wie findest du heraus, welche zu deiner persönlichen Situation und Verkrümmung der Wirbelsäule oder deines Kindes passen?
In diesem Beitrag geht es darum, Klarheit bei der Übungsauswahl zu schaffen. Wir werden gemeinsam untersuchen, welche Übungen es gibt, wie sie wirken und worauf du achten solltest. Denn es geht nicht nur darum, den Körper zu stärken, sondern auch darum, ein neues Körperbewusstsein zu entwickeln und zu lernen, wie du mit der Skoliose selbstbestimmt und aktiv umgehen kannst – damit du den Bogen raus hast!
Welche Skoliose-Übungen findet man im Internet?
Wenn man im Internet nach „Skoliose Übungen“ sucht, stößt man auf eine Vielzahl von Trainingsansätzen. Diese Übungen lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: symmetrische und asymmetrische Übungen.
Symmetrische Übungen
Symmetrische Übungen werden sowohl auf der linken als auch auf der rechten Körperseite identisch ausgeführt. Sie zielen darauf ab, die allgemeine Körperkraft und -balance zu verbessern. Solche Übungen werden häufig in der Physiotherapie von nicht spezialisierten Therapeuten mit den Patienten durchgeführt. Oftmals werden sie auch als Übungen für zu Hause empfohlen.
Sie können entweder auf beiden Seiten gleichzeitig durchgeführt werden oder alternierend (abwechselnd), um die Rückenmuskulatur zu aktivieren.
Beispiele für symmetrisch gleichzeitig ausgeführte Übungen:
- klassische Liegestütz
- klassische Squats
- Bankdrücken
- Beidarmige Klimmzüge
Beispiele für alternierend durchgeführte symmetrische Übungen:
- Diagonales Anheben der Arme und Beine im 4-Füßler Stand
- Diagonale Sit-ups
- Ausfallschritte
- Seitliche Planks
Solche Übungen sind grundsätzlich sinnvoll für die allgemeine Stabilisation des Rumpfes, können jedoch problematisch sein, wenn, je nach Schweregrad der Skoliose, eine deutliche muskuläre Asymmetrie besteht. Starke und schwächere Muskelpartien werden oft nicht gezielt ausgeglichen, sondern der stärkere Bereich übernimmt die Hauptarbeit. Dadurch kann das muskuläre Ungleichgewicht sogar verstärkt werden.
Asymmetrische Übungen
Im Gegensatz dazu gibt es asymmetrische Übungen, die bewusst so konstruiert sind, dass die Übung in unterschiedlichen Bereichen den Rückens unterschiedlich ausgeführt und eine jeweils unterschiedliche Wirkung hat. Das fängt mit asymmetrischen Armpositionen und asymmetrischer Korrektur des Körper an und geht weiter zu asymmetrischen Bewegungsanweisungen. Rechter und linker Arm machen also z.B. unterschiedliche Dinge. Der rechte Brustkorb wird anders behandelt, als der Linke. Diese Art des Trainings ist besonders spannend für Menschen mit Skoliose, da hier ganz speziell auf die muskulären Dysbalancen eingegangen werden kann. Die Skoliosetherapie nach Katharina Schroth, aber auch die Spiraldynamik arbeiten schon lange nach diesem Prinzip. In jüngerer Zeit gibt es auch im Yoga und Pilates Bemühungen, diese Asymmetrie durch spezialisierteÜbungen herzustellen.
Beispiele für asymmetrische Skoliose-Übungen nach Schroth:
- Schultergegenzug
- Muskelzylinder
- Psoas in Seitenlage
- Kanadier
Das Internet hält zwar viele solcher asymmetrischen Übungen parat, aber oft fehlt es an wichtigen Angaben zu Kontraindikationen und individuellen Anpassungen. Denn passende Übungen zur Behandlung der Skoliose eines Patienten, können der eines anderen wiederum schaden. Daher ist es entscheidend, sich professionelle, therapeutische Hilfe einzuholen und ein maßgeschneidertes Trainingsprogramm mit den besten Übungen zu entwickeln, die zur eigenen Form der Skoliose und den körperlichen Voraussetzungen passt. Die effektive Anwendung dieser Übungen erfordert tieferes Wissen über die spezifischen Krümmungsmuster der Wirbelsäule und spezielles Training, um die gewünschten Erfolge zu erzielen.
Warum ist die richtige Auswahl der Übungen bei Skoliose entscheidend?
Die Wirbelsäule ist bei Skoliose nicht nur einfach gekrümmt, sondern auch verdreht. Diese dreidimensionale Veränderung führt zu einem Ungleichgewicht in der Muskulatur – und genau hier wird die richtige Übungsauswahl entscheidend.
Anhand eines Beispiels lässt es sich gut erklären:
Auf dem Bild siehst du eine Person, deren Brustwirbelsäule nach rechts gekrümmt ist.
- Auf der Außenseite des Bogens, der konvexen Seite, sind die Muskeln überdehnt, sodas die Rippen sichtlich herausstehen. Dies geht oft mit einer schwächeren Kraftentwicklung einher, da die Muskeln in dieser Position nicht optimal arbeiten können.
- Auf der Innenseite des Bogens, der konkaven Seite, passiert genau das Gegenteil: Die Muskeln sind verkürzt und oft verspannt. Diese Verspannungen können nicht nur unangenehm sein, sondern auch die Beweglichkeit weiter einschränken.

Wenn du nun Übungen machst, die dieses Ungleichgewicht nicht berücksichtigen, riskierst du, die stärkeren Muskeln weiter zu stärken und die schwächeren zu vernachlässigen. Das Ergebnis? Der schlimmste Fall könnte ein Fortschreiten der Verkrümmung, also eine Verschlechterung deiner Skoliose sein. Deswegen ist es so wichtig, dass du Übungen auswählst, die genau darauf abzielen, dieses Ungleichgewicht auszugleichen.
Genau deshalb ist eine durchdachte Übungsauswahl so entscheidend. Nicht irgendein Training ist gut, sondern eines, das die individuellen muskulären Dysbalancen, die mit deiner Skoliose einhergehen, anspricht und korrigiert.
Sind symmetrische Übungen sinnvoll?
Viele Trainingspläne setzen auf symmetrische Übungen – also Bewegungen, die auf beiden Seiten des Körpers gleich ausgeführt werden. Dazu gehören klassische Übungen wie Klimmzüge, Kniebeugen oder Liegestütze. Das klingt erstmal sinnvoll, schließlich geht es im Training oft darum, den gesamten Körper gleichmäßig zu kräftigen. Doch bei Skoliose kann genau das zum Problem werden.
Denn auch wenn eine Übung auf den ersten Blick symmetrisch aussieht, bedeutet das nicht, dass der Körper sie auch symmetrisch ausführt. Der stärkere Muskel übernimmt unbewusst mehr Arbeit, während die schwächere Seite nachgibt. Das führt dazu, dass häufig Ausweichbewegungen durchgeführt werden, die unter Umständen nicht nur dazu führen, dass das muskuläre Ungleichgewicht bestehen bleibt, sondern sich sogar verstärken kann.
Ein Praxisbeispiel: Klimmzüge
Im online Training kam das Thema Klimmzüge zur Sprache. Ein Patient, der über fundiertes Wissen über seine Skoliose verfügt und seine Korrekturen gut beherrscht, führte spontan Klimmzüge vor. Was geschah? Seine Skoliose verstärkte sich während der Bewegung massiv.
Warum? Weil er sich, trotz seines Wissens während der Ausführung unbewusst in seine skoliotische Krümmung hinein zog, was die Wirbelsäulendeformation verstärkte.
Um dir diesen Effekt zu verdeutlichen haben wir die Übung in der Praxis mit einem anderen Patienten nachgestellt. Sieh es dir gerne selbst an.
Das zeigt: Selbst vermeintlich symmetrische Übungen können bei Skoliose dazu führen, dass sich die vorhandene Fehlstellung verstärkt. Denn der Körper nutzt immer die vorhandenen Kraftverhältnisse – und wenn diese unausgeglichen sind, verstärken sich die Dysbalancen weiter.
Sollte man also komplett auf symmetrische Übungen verzichten?
Nicht unbedingt. Aber sie müssen bewusst und mit voller Kontrolle ausgeführt werden. Das bedeutet:
- Spiegelkontrolle oder Videoanalyse, um Fehlhaltungen während der Übung zu erkennen.
- Gezielte Korrekturtechniken, die dafür sorgen, dass sich die schwächere Seite aktiv einschaltet.
- Bewusstes Training mit Anleitung, um zu vermeiden, dass sich die Verbiegung während der Bewegung verstärkt.
Symmetrische Übungen können also sinnvoll sein – aber nur, wenn sie bewusst korrigiert und individuell angepasst werden. Einfach drauflos trainieren? Keine gute Idee.
Wenn du Hilfe bei der Anpassung deiner symmetrischen Übungen an deine Skoliose brauchst, schreibe uns gerne eine Mail an info@skoliofit.de.
Asymmetrische Übungen: Maßarbeit für deine Wirbelsäule
Hier kommen asymmetrische Übungen ins Spiel. Sie sind das A und O einer wirksamen Skoliosetherapie, weil sie gezielt auf die individuellen muskulären Ungleichgewichte eingehen können. Durch die gezielte Einstellung und die asymmetrische Ausführung können asymmetrische Übungen:
- Verkürzte Muskeln dehnen
- Schwache Muskeln kräftigen
- Die Wirbelsäule gezielt mehr in die Korrektur und damit Aufrichtung bringen
Aber:
Nicht jede Skoliose ist gleich und die Menschen sind auch nicht gleich– und genau deshalb gibt es nicht die eine perfekte Übung, die für alle funktioniert. Jede Art der Skoliose hat ihr eigenes Muster, das sich in der Verkrümmung, Verdrehung und muskulären Dysbalance zeigt. Um wirklich effektiv zu trainieren, müssen die Übungen individuell angepasst werden.
Und genau da liegt das Problem:
Eine Google-Suche liefert zwar Skoliose-Übungen – doch viele dieser Übungsbeschreibungen sind zwar gut gemeint, berücksichtigen aber wichtige Dinge nicht.
Fehlende Kontraindikationen
Viele Übungen werden ohne Warnhinweise oder Anpassungsmöglichkeiten präsentiert. Doch was für die eine Person gut ist, kann für eine andere schädlich sein. Auch bei gleicher Skoliose. Ohne Hintergrundwissen wann diese Übung auf keinen Fall ausgeführt werden darf, sollte man, seiner eigenen Gesundheit zu Liebe, nur Übungen nachmachen, die man kennt und von denen man weiß, dass man sie machen darf. Ohne professionelle Anleitung kann man leider schnell die falsche Übung oder falsche Variante wählen und sich dadurch mehr schaden, als nutzen.
Ähnliche Skoliosen ≠ gleiche Übungen
Selbst wenn zwei Menschen eine scheinbar ähnliche Skoliose haben, können die zugrunde liegenden Unterschiede groß sein. Auf den nachfolgenden Bildern siehst du 2 Mädchen, die eine ähnlich aussehende Skoliose haben.


Der Krümmungsmittelpunkt des oberen Mädchens liegt deutlich höher, als bei dem unteren Mädchen. Optisch könnte man es genau anders herum vermuten.
Auf den ersten Blick sehen diese beiden Skoliosen für den Laien ähnlich, vielleicht sogar gleich aus, doch die Trainingsstrategie muss völlig unterschiedlich sein. Ein falscher Übungsansatz könnte hier neue Probleme schaffen, ohne die alten zu beseitigen.
Das bedeutet: Nur wenn du deine Übungen gezielt an dein Skoliosemuster anpasst, kannst du langfristig Fortschritte machen.
Die entscheidende Aufgabe besteht darin, die Übungen zu finden und anzupassen, die deiner Wirbelsäule und deinen muskulären Dysbalancen gerecht werden. Das erfordert Fachwissen und Erfahrung – und die Anleitung durch einen spezialisierten Therapeuten.
Gibt es Skoliose-Übungen, die jeder machen kann?
Nachdem wir die Bedeutung individueller, asymmetrischer Übungen betont haben, stellt sich natürlich die Frage: Gibt es denn auch Übungen, die für jeden Skoliose-Patienten geeignet sind, unabhängig vom spezifischen Muster?
Ja, es gibt durchaus asymmetrische Übungen, die jeder machen kann und die in der Regel keine negativen Auswirkungen haben. Diese Übungen zielen oft darauf ab, die grundlegende Stabilität im Rumpf zu verbessern und ein besseres Körperbewusstsein zu entwickeln.
Aber: Es gibt einen wichtigen Vorbehalt. Je allgemeiner eine Übung ist, desto weniger spezifisch wirkt sie in der Regel. Und häufig leidet auch die Intensität darunter, denn gerade die Ausschlusskriterien verhindern oft den Einsatz von sehr effektiven Hilfsmitteln und Übungen.
Die effektivsten Übungen in der Skoliose-Therapie sind oft diejenigen, die sehr spezifisch auf das individuelle Krümmungsmuster zugeschnitten sind. Diese Übungen haben in der Regel auch mehr Ausschlusskriterien, da sie eben nicht für jeden geeignet sind. Solche Übungen müssen unter Anleitung eines erfahrenen Therapeuten erlernt werden, der die individuelle Skoliose des Patienten genau kennt.
Trotz der Unterschiede zwischen den einzelnen Skoliosetypen gibt es einige Übungen, die für alle Betroffenen geeignet sind. Diese Übungen haben in der Regel nicht das Ziel, eine spezifische Krümmung zu korrigieren, sondern helfen dabei, eine bessere Körperhaltung und Körperwahrnehmung zu entwickeln. Hier ein paar Beispiele:
Zwischen zwei Stäben
Diese Übung dient dazu, die Korrekturhaltung zu erlernen. Sie hilft, das Gefühl für die richtige Körperposition zu verbessern und kann als Basis für spezifischere Übungen genutzt werden.
Taillenstreck
Eine Übung, die die Korrekturhaltung in einer instabilen Position trainiert. Sie fördert die Stabilität im Oberkörper, ohne die Skoliose negativ zu beeinflussen.
50x Pezziball
Bei dieser Übung soll die Korrekturhaltung im Sitzen erlernt werden. Wenn diese beherrscht wird, können spezifischere Übungen mit eingebaut werden.
Warum Übungen allein bei Skoliose nicht ausreichen
Viele Menschen denken bei Skoliose-Therapie in erster Linie an Übungen. Doch das greift zu kurz. Eine umfassende Therapie beinhaltet weit mehr als nur das regelmäßige Ausführen bestimmter Bewegungen.
Skoliose-Therapie ist ein ganzheitlicher Ansatz. Es geht nicht nur darum, die Muskulatur zu stärken oder zu dehnen. Es geht darum, ein tiefes Verständnis für die eigene Wirbelsäule und ihre Fehlstellung zu entwickeln. Es geht darum, zu lernen, wie man diese Fehlstellung im Alltag aktiv korrigieren kann – und zwar immer, nicht nur während der Übungszeit.
Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Skoliose-Therapie liegt in der Verinnerlichung der Korrekturen. Natürlich muss man seine Beweglichkeit erhöhen, seine Muskulatur stärken und ausdauernder machen. Aber man muss genauso lernen, wie man die Wirbelsäule überhaupt in die optimale Position bringt, wie man diese Position im Alltag immer wieder einnehmen und halten kann.
Warum ist das so wichtig? Weil man sonst ein Leben lang von Therapeuten abhängig bleibt. Man wird immer jemanden brauchen, der einem sagt, was man tun soll, darf oder kann. Aber wenn man einmal verstanden hat, was die Wirbelsäule braucht, kannst man selbst die Kontrolle übernehmen. Wenn du für dich oder dein Kind endlich Unabhängigkeit und mehr Eigenverantwortung willst, dann schau dir unser Arbeitsbuch an. Dort warten über 180 Aufgaben rund um die Skoliosetherapie darauf bearbeitet zu werden, um selbstständiger im Umgang mit der Skoliose zu werden. Hier geht’s zum Buch: Skoliose – das therapiebegleitende Arbeitsbuch
Die Prinzipien der Skoliose-Therapie sind nicht auf die Übungsmatte beschränkt. Sie sind relevant für alles, was du tust – ob du sitzt, stehst, gehst oder Sport treibst.
Nehmen wir als Beispiel die Sportart Reiten: Viele Skoliose-Patienten haben eine ungleichmäßige Gewichtsverteilung im Sitzen. Das kann die Kommunikation mit dem Pferd erheblich beeinträchtigen, da Pferde sehr fein auf Gewichtsverlagerungen reagieren. Wenn du aber gelernt hast, deine Skoliose zu korrigieren und durch die Korrekturen dein Gewicht gleichmäßig zu verteilen, wird sich das positiv auf dein Reiten auswirken.
Übungen sind ein wichtiges Werkzeug in der Skoliose-Therapie. Aber sie sind eben nur ein Werkzeug. Um wirklich langfristig erfolgreich zu sein, musst du lernen, deine Skoliose zu verstehen, deine Korrekturen zu verinnerlichen und sie in deinen Alltag zu integrieren. Nur so kannst du ein selbstbestimmtes Leben mit deiner Skoliose führen.
Eine Antwort
Liebe Katja, wir sind begeistert von deinem ONLINE-Training!
Einfach und bequem zugänglich von Zuhause, geballtes Know-How betreffend Ausführung der Übungen! Besser als alle Skoliose-Trainings, die wir hier vor Ort in AT kennengelernt haben!
Du korrigierst über den Bildschirm Bewegungen mit einem „Adlerauge“, bietest einfache Lösungen zum Ausführen der Übungen an und gehst individuell auf die Skoliosemuster deiner Patienten ein.
Wir danken dir von Herzen, die Trainings mit dir sind eine wichtige Säule im Skoliose-Alltag von Louisa!